Gipsspachtel zum Glätten von Glasgewebetapeten?

„Ich nehme immer Gipsspachtel zum Glätten von Glasgewebetapeten und hatte nie Probleme“

Ja, Glück gehabt. Bislang.

Hier hilft uns ein Blick auf die Ausgangssituation: Glasgewebe werden üblicherweise in Bereichen eingesetzt, in denen erhöhte Anforderungen an die Belastbarkeit der Oberflächen erzielt werden sollen. Arztpraxen, Krankenhäuser, Gewerbebetriebe usw. Zum Einsatz kommen dort für gewöhnlich die robusten Latexfarben. Dies ist der erste Widerspruch zur Überarbeitung mit Gipsspachteln. Latexfarben sind meist weicher in der Oberfläche, als das starre Gefüge eines Gipsspachtels. Eine der ersten Maßgaben an den jungen Malerlehrling ist „Weich auf hart, nie umgekehrt“. Wir kennen alle die schönen Oberflächen von Reißlacken, wo man bewusst mit diesem gegenteiligen Effekt spielt. Dies ist aber auch die einzige Anwendung, bei der sinnvollerweise hart auf weich gearbeitet wird.

„Aber Der Spachtel Ist Doch Kunstharzvergütet, Dafür Ist Das Doch Da.“

„Aber der Spachtel ist doch kunstharzvergütet, dafür ist das doch da.“ Jein. Die Kunstharzvergütung in Gipsspachtelmassen sorgt lediglich für eine bessere Haftung auf Mischuntergründen mit Farbresten hier und da. In erster Linie ist die Kunstharzvergütung dazu da, die Festigkeit bzw. Biegezugfestigkeit innerhalb der Gipsspachtelmasse deutlich zu erhöhen. Damit wird es erst möglich, Gipskartonplatten ohne Bewährung zu verspachteln.

Beim Überspachteln von Dispersionsfarben tritt noch ein weiterer, negativer Effekt ein. Die in den Dispersionsfarben eingesetzten Netz- und Dispergiermittel werden beim Überspachteln gelöst und wirken nun direkt in der Grenzfläche auf die Spachtelmasse ein. Der Kristallisationsprozess beim Abbinden der Gipsspachtelmasse reagiert allerdings allergisch auf diesen äußeren Einfluss und wird in der Grenzfläche deutlich langsamer abbinden, als in den darüber liegenden Schichten, was dazu führt, das die auftretende Spannung bei diesem Prozess, die Spachtelmasse förmlich vom Untergrund abzieht. 

Die Folge sind handtellergroße Ablösungen, vereinzelte Risse – es gibt die unterschiedlichsten Schadensbilder, wenn nicht schon beim Abbinden der Spachtelmasse, dann beim Überarbeiten.

Es gibt für die Aufgabenstellung allerdings etliche Produkte für das perfekte Ergebnis. Fertigspachtel, wie LecoFill 510 und LecoSpac Light 508, sind dafür prädestiniert. Diese physikalisch trocknenden Systeme machen sich nichts aus den angelösten Netz- und Dispergiermittel, immerhin bringen sie diese selbst mit. Es gibt aber auch Pulverspachtel, die für diese Anwendung geeignet sind, wie etwa Unimax 1020, denen ein Pulver-Bindemittel zugesetzt wird, welche die Haftung auf diesen Untergründen erhöht und deren inneres Gefüge näher an der weichen Latexfarbe ist, als dies Gipsspachtel sein können.